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Ein Brückenbauer zwischen Deutschland und Brasilien

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Digitale Transformation

Gastwissenschaftler vergleicht Digitalisierungsprojekte beider Länder

Welche Erfolgsfaktoren lassen die digitale Transformation in kleinen und mittleren Unternehmen gelingen? Dieser Frage geht Eugênio Spíndola nach. Seit Oktober 2022 arbeitet und forscht der Gastwissenschaftler im Rahmen des Bundeskanzler-Stipendiums der Alexander von Humboldt-Stiftung am Digital Hub Logistics in Dortmund. In seinem Heimatland ist der Brasilianer Mitarbeiter von Sebrae – einer Non-Profit-Organisation, die die nachhaltige und wettbewerbsfähige Entwicklung von Kleinunternehmen fördert. Im Interview erzählt der 33-jährige Betriebswissenschaftler von seinem Projekt und den Unterschieden zwischen digitalen Tranformationsmaßnahmen in Deutschland und Brasilien.

Wie ist es zu Ihrer Zusammenarbeit mit dem Digital Hub Dortmund gekommen?

Eugênio Spíndola: Alles hat mit einer einfachen E-Mail angefangen. Als ich vom Digital Hub erfahren hatte, schrieb ich an Thorsten Hülsmann, den Geschäftsführer der Digital Hub Management GmbH. Ich erzählte ihn von meinem Projekt und dem Bundeskanzler-Stipendium, das sich an Führungskräfte von morgen richtet, und lud ihn ein, mich kennenzulernen, um mein Gastgeber in Deutschland zu werden. Und dann ging alles ziemlich schnell. Seit Oktober bin ich jetzt in Dortmund und arbeite an meiner Forschung.

Was ist Inhalt und Ziel des Projekts?

Eugênio Spíndola: In meiner Heimat bin ich Prozessmanager bei Sebrae und habe die Aufgabe, die digitale Transformation im Unternehmen selbst und in Klein- und Kleinstunternehmen in Rio Grande do Norte, einer Region von Brasilien, vorantreiben. Mit meinem Projekt möchte ich eine Brücke zwischen der digitalen Transformation in Brasilien und in Deutschland bauen: Ich identifiziere die Erfolgsfaktoren der digitalen Transformation in deutschen KMU, vergleiche und analysiere bewährte Verfahren beider Länder und möchte zudem den Erfahrungsaustausch zwischen Deutschland und Brasilien in diesem Bereich fördern.

Wie gehen Sie dabei vor?

Eugênio Spíndola: Ich führe Interviews auf Basis des so genannten 6c-Frameworks, also Context, Cooperation, Construct, Configuration, Capability und Change – und das mit sechs unterschiedlichen Profilen: Ich spreche mit Vertreter*innen von Unternehmensverbänden, Forschungs- und Technologieorganisationen, Hochschulen, Unternehmen, Behörden und Investoren. Zudem erarbeite ich einen Leitfaden für die Entwicklung eines Innovationsökosystems, der auf zehn Punkten basiert und von Bildung über Investitionen und Infrastruktur bis hin zu Wirtschaft und Integration reicht.

Welche Unterschiede konnten Sie bisher zwischen Deutschland und Brasilien in Bezug auf die digitale Transformation feststellen?

Eugênio Spíndola: Die Struktur der Innovationsökosysteme ist in beiden Ländern ähnlich, aber die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen unterscheiden sich deutlich. In Brasilien gibt es 18,5 Millionen kleine Unternehmen, die 99 Prozent der gesamten brasilianischen Wirtschaft ausmachen. Ihnen helfen Innovation und Digitalisierung dabei, sich von der Konkurrenz abzuheben, sei es durch schlankere Prozesse oder sogar durch die Form und den Zugang zu Dienstleistungen. Allerdings ist es in Brasilien für kleine Unternehmen aufgrund der eher schlechten finanziellen Möglichkeiten leichter, ihre Prozesse zu verbessern als ihre Produkte oder Dienstleistungen digital zu veredeln. Zu den besonderen Herausforderungen gehören sicherlich auch die schwierige Personal- und Technologiestruktur sowie das fehlende Bewusstsein für eine langfristige Planung. 

In Deutschland gibt es vielfältige und gut ausgestattete Programme und Instrumente zur Unterstützung der Innovationspolitik, die einen besonderen Schwerpunkt auf den Technologietransfer für KMU legen. Hinzu kommen gut etablierte, international führende Einrichtungen für Forschung und angewandte Forschung, die eng mit der Industrie zusammenarbeiten – also eine starke Verbindung zwischen Wissenschaft und Industrie. Schwächen, die sich mir gerade zeigen, liegen zum Beispiel in der digitalen Infrastruktur und der eher geringen Akzeptanz von digitalen Maßnahmen in kleinen Unternehmen und im öffentlichen Sektor.

Ihr Forschungsprojekt am Digital Hub Dortmund läuft noch bis September. Gibt es Pläne einer Zusammenarbeit, die darüber hinausgeht?

Eugênio Spíndola: Ich möchte auch nach Abschluss des Projekts weiter Brücken zwischen Brasilien und Deutschland bauen. Aktuell bin ich mit der Industrie- und Handelskammer von Sao Paulo und der Stadt Dortmund in Kontakt, um Besuche einer brasilianischen Delegation zu organisieren. In Brasilien haben wir zudem ein Projekt, das sich an Start-ups richtet und es wäre schön, wenn einige von ihnen den Digital Hub besichtigen und das Innovationsökosystem in Dortmund kennenlernen könnten.

Wie gefällt Ihnen denn die Stadt und das Leben in Dortmund?

Eugênio Spíndola: Ich mag Dortmund sehr. Als großer Fußballfan liebe ich natürlich das große Stadion der Stadt. Aber auch so, habe ich hier alles, was ich brauche. Das Einzige, was ich vermisse, ist der Strand – und die Wärme. Mir ist hier meistens kalt (Er lacht).

 

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