Erfolgsgeschichten

Künstliche Intelligenz

KI-basierte Optimierung der Blechlagerhaltung

Umsetzungsbegleitung mit Ferro Umformtechnik zur Lageroptimierung

Die Optimierung von bestehenden Prozessen mit digitalen Werkzeugen bietet große Potenziale gerade auch für den Mittelstand. Ein klassisches Anwendungsfeld ist hierbei die Lagerhaltung.  Besonders in Branchen mit sperrigen Werkstücken und langen Lieferzeiten ist es entscheidend, Lagerbestände platzsparend zu verwalten und Ressourcen effizient zu nutzen. Das Mittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL hat mit der Ferro Umformtechnik GmbH & Co. KG eine innovative Umsetzungsbegleitung durchgeführt, die genau diesen Herausforderungen begegnet.

Projekt­partner

Ferro Umformtechnik GmbH & Co. KG
Fraunhofer IML

Ort

Stadtlohn

genutzte Services

Unternehmensdialog, Transformation Coach

Icon - Mittelstand Digital Ruhr OWL

Digitalisierung als Herausforderung

BEstände reduzieren

Lagerhaltung im Fokus

Deckenkräne bewegen tonnenschwere Stahlbleche umher, Maschinen drücken Bleche millimetergenau in Form, andere schweißen komplexe Bauteile zusammen – wer die Hallen von Ferro Umformtechnik in Stadtlohn betritt, sieht sofort: Hier wird richtig was bewegt. Das Unternehmen hat sich auf die Herstellung von Halbzeugen und Komponenten aus hoch- und verschleißfesten Stählen spezialisiert. Zu seinen Produkten gehören unter anderem gekantete und lasergeschweißte Rohre für teleskopierbare Systeme von Arbeitsbühnen und Autokränen. Die Kundenbedarfe sind dabei durch sehr kleine Losgrößen und spezifischen Anforderungen hinsichtlich Stahlgüten und Abmessungen gekennzeichnet. Auf der anderen Seite stehen Mindestliefermengen von Blechlieferanten. Ferro Umformtechnik muss oft mehr Bleche bestellen, für die noch kein Kundenbedarf vorliegt. Das Ergebnis sind hohe Lagerbestände, welche wiederum zu lange Such- und Handlingzeiten – und letztlich hohe Lagerkosten führen.

„Ferro Umformtechnik hatte 2021 die Idee, Blechbestellungen zusammenzuführen, um die Bestände zu reduzieren – etwa, wenn sich die Bleche nur in Länge oder Breite, nicht aber in ihrer Beschaffenheit unterscheiden“, erklärt Dr.-Ing. Markus Witthaut vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik IML.

 

Angenommen, für zwei Aufträge wird je ein Blech mit den Maßen 10 x 2 Meter und ein Blech mit den Maßen 10,5 x 1,8 Meter benötigt, die sich vom Material und der Dicke her nicht unterscheiden. Durch eine „Clusterung“ werden zwei identische Bleche mit den Maßen 10,5 x 2 Meter bestellt. Aus diesen Blechen lassen sich dann beide Aufträge realisieren, es werden Lagerplätze eingespart und der Verschnitt wird verschrottet. Doch hierbei entstehen Verschrottungsverluste. Es muss also die Differenz durch diese Clusterung eingesparten Handlings- und Lagerungskosten einerseits und den zusätzlichen Kosten für die Verschrottung andererseits bestimmt werden; und dies muss für alle möglichen Clusterkombinationen berechnet werden. Hierbei steigen die möglichen Clustervarianten sehr schnell mit der Anzahl gleichartiger Bleche. Gibt es nur 3 Blechartikel zu clustern, dann müssen 5 Clusterkombinationen untersucht werden; bei 6 Artikel gibt es schon 203 Clusterkombinationen und bei 12 Artikeln müssen über 4 Millionen Clustervarianten analysiert werden. Hier hat das Fraunhofer IML Verfahren entwickelt, die den Lösungsraum in wenigen Sekunden durch „smarte“ KI-Algorithmen durchsuchen, um optimierte Materialcluster zu bilden. Dieser Gedanke legte damals den Grundstein für ein umfassendes Digitalisierungsprojekt, das durch das Fraunhofer IML umgesetzt wurde.

Lösungsanbieter

AI-BOSS und Cluster-Optimierung

Im Rahmen des Projekts wurde eine KI-basierte Lösung eingesetzt: AI-BOSS (Artificial Intelligence Based Optimization of Sheet Sourcing). Die Kernidee war, durch die Anwendung von Cluster-Algorithmen wie k-Means ähnliche Bleche aus Kundenaufträgen zu identifizieren und in größere Bestelleinheiten zu konsolidieren. Dies sollte sowohl die Lagerhaltung vereinfachen als auch die Beschaffungskosten senken.

„Die KI vergleicht Kundenaufträge und ordnet Bleche so zu, dass möglichst wenig Material verschwendet wird,“ beschreibt Witthaut den Prozess. Dabei wird eine Balance zwischen Bestandsreduktion und Schrottverlusten gesucht, die durch das Zusammenfassen von Blechen unterschiedlicher Größe entstehen.

Trotz der intelligenten Optimierungsmethoden stieß das Projekt auf einige praktische Herausforderungen. „Es stellte sich heraus, dass das Handling der Bleche im Lager nach wie vor ein großes Problem darstellt,“ so Witthaut. Durch die Größe und das Gewicht der Bleche kann das Heraussuchen des richtigen Materials aus einem Stapel mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Dies hat dazu geführt, dass die ursprünglichen Methoden zur Berechnung der Handlings- und Bestandskosten in einer neuen Umsetzungsbegleitung gemeinsam mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL verfeinert wurden.

Abschluss und Ausblick

Weitere Optimierungspotenziale und Übertragbarkeit

Trotz der erzielten Erfolge sieht Dr. Witthaut weiteres Optimierungspotenzial. Die Einführung des Systems hat Ferro Umformtechnik geholfen, die Bedeutung von Bestands- und Nachfrage-Transparenz noch deutlicher zu erkennen. „Erst durch die Entwicklung der Lösung für Ferro Umformtechnik können wir nicht nur optimierte Clusterungen durchführen, sondern auch die ökonomischen Effekte der unterschiedlichen Clusterungen ausweisen“ fasst Witthaut zusammen. KI-basierte Clusterung in Kombination mit Business Analytics und Dashboards für das Bestandsmonitoring bieten hierbei noch größere Potenziale.

Für andere mittelständische Unternehmen bietet das Projekt wertvolle Einblicke. Es zeigt, dass durch den Einsatz von Open-Source-Lösungen und maßgeschneiderter KI-Technologie auch spezifische Herausforderungen wie die Blechlagerhaltung effektiv adressiert werden können. „Mit den richtigen Tools und Ansätzen kann man signifikante Verbesserungen erreichen,“ ermutigt Witthaut andere Unternehmen, ähnliche Wege zu gehen.

Das richtige Tool

Wertvolle Erkenntnis

Die Zusammenarbeit zwischen Ferro Umformtechnik und dem Mittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL verdeutlicht, wie wichtig es ist, kontinuierlich an der Optimierung betrieblicher Prozesse zu arbeiten – insbesondere in wachsenden Märkten. Mit der pilothaften Einführung der AI BOSS-Lösung hat Ferro Umformtechnik einen erkenntnisreichen Schritt in Richtung effizienter Lagerhaltung und Kostenreduktion gemacht.

Die Methoden und das zugehörige Tool können neben der metallverarbeitenden Industrie auch in Branchen mit ähnlicher Problemstellung behandelt werden. Hierzu gehören etwa die Möbelindustrie mit der Beschaffung von Sperr- und Schichthölzern sowie die papierverarbeitende Industrie mit der Beschaffung von Papier, Karton und Pappen.

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