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„Für die Klimaneutralität muss die gesamte Lieferkette einbezogen werden.“

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Im Gespräch mit Klaas Breitkreuz von NRW.Energy4Climate

„Für die Klimaneutralität muss die gesamte Lieferkette einbezogen werden."

Der Klimawandel ist ein beherrschendes Thema unserer Zeit. Die Reduktion von Emissionen ist die Aufgabe, Klimaneutralität das große Ziel. Immer mehr Unternehmen bewerben klimaneutrale Produkte. Doch was heißt „klimaneutral“ überhaupt? Und wie können Betriebe klimaneutral werden? Klaas Breitkreuz, Projektmanager „Industrie und Produktion“ bei NRW.Energy4Climate, gibt Antworten.

Foto: NRW.Energy4Climate/Canva

Immer mehr Unternehmen kommunizieren, dass sie CO2-neutral agieren bzw. ihre Produkte CO2-neutral hergestellt werden. Steckt mehr dahinter als ein Bonus fürs Marketing?

Das lässt sich nicht so einfach beurteilen. Viele Unternehmen präsentieren sich in der Öffentlichkeit nachhaltig handelnd und sprechen von klimafreundlicher Produktion. In vielen Fällen basiert diese Selbstdarstellung auf CO2-Ausgleichsmaßnahmen, mit denen unveränderte Produktionsverfahren rein bilanziell grün gerechnet werden. So fallen unter die Ausgleichsmaßnahmen häufig Projekte zur Erhaltung von Wäldern oder das Pflanzen neuer Bäume, deren positive Klimaauswirkung oft überbewertet werden sowie nicht transparent nachprüfbar sind.

Aber natürlich schauen Unternehmen dabei auch auf den benötigten Mindestumfang an Klimaschutzmaßnahmen. Das ist schon allein aufgrund der gesellschaftlichen Akzeptanz wichtig.  Heute wird erwartet, dass sich auf einer Unternehmenswebseite Statements, Maßnahmen oder Projekte zur Nachhaltigkeit finden lassen. Für viele ist die Einhaltung von Mindeststandards somit ein vorausschauendes Instrument der Skandalabwehr.  

Für intrinsisch motivierte Unternehmen, die darüberhinausgehende Maßnahmen treffen wollen, stellt sich die Situation schwieriger dar: Die Angebote einzelner wirklich klimaneutraler Produkte erreichen nur eine kleine Marktnische. Das liegt z.T. an der Unübersichtlichkeit der Labellandschaft, fehlendem Wissen zu angewandten Kriterien, aber auch ganz einfach an fehlender Zahlungsbereitschaft der Kunden. Darum würden Vorreiterunternehmen meiner Ansicht nach von einem anerkannten, neutralen und transparenten Label mit überdurchschnittlichen Standards profitieren. Auch die Schaffung grüner Märkte über ordnungspolitische Maßnahmen könnte die Transformation zur Klimaneutralität beschleunigen.

Wann ist ein Unternehmen denn wirklich CO2- oder sogar klimaneutral?

Hier müssen die Begrifflichkeiten genau definiert werden. Unter dem Begriff der CO2-Neutralität werden häufig ausschließlich die Emission von CO2 berücksichtigt. Andere Treibhausgase werden nicht bilanziert. Im Rahmen von Lebenszyklusanalysen (LCA) respektive Ökobilanzen ist allerdings eine Berücksichtigung anderer Treibhausgase sowie deren Umrechnung anhand spezifischer in CO2-Äquivalente gängig. Dann geht der Begriff der CO2-Neutralität in die Klimaneutralität über, bei der die Betrachtung und Bewertung sämtlicher Emissionen erfolgt.

Nach unserem Verständnis ist ein Unternehmen dann klima- bzw. CO2-neutral, wenn es keine der unter dem jeweiligen Begriff berücksichtigten Treibhausgase ausstößt und zusätzlich nicht nur über Ausgleichsmaßnahmen die entsprechenden netto-Null-Emissionen bilanziell erreicht. Zur Bewertung der Treibhausgasemissionen muss allerdings eine Betrachtung entlang der Prozesskette erfolgen. Hier fallen viele Emissionen an, die außerhalb des direkten Einflussbereiches der Unternehmen liegen. Darum sind aktuell viele Unternehmen gar nicht in der Lage vollständig CO2– oder gar klimaneutral zu agieren.

Wo entstehen in erster Linie CO2-Emissionen im Unternehmen?

Die Emissionen eines Unternehmens werden in drei Geltungsbereiche unterteilt, die sogenannten Scopes. Scope 1 beinhaltet die direkte Freisetzung im eigenen Unternehmen, zum Beispiel  durch die Verbrennung von fossilen Energien am Unternehmensstandort. Unter Scope 2 werden indirekte Freisetzungen durch Energieträger zusammengefasst, die das Unternehmen bezieht, wie Dampf, Strom oder Fernwärme. Scope 3 bezieht sich auf alle indirekten Freisetzungen in der vor- und nachgelagerten Lieferkette sowie weitere indirekte Emissionen, die z.B. durch Dienstreisen oder die Abfallentsorgung anfallen. Eine vollständige Klimaneutralität kann nur unter die Berücksichtigung aller Kategorien erreicht werden.

Was sind die wichtigsten Werkzeuge für Unternehmen, um klimaneutral zu werden oder sich zumindest auf den Weg zu machen?

Die Energieversorgung eines Unternehmens wird in Zukunft mehrere Bausteine und gegebenenfalls auch  hybride Lösungen beinhalten müssen, um die prinzipiell – abgesehen von den Auswirkungen des Angriffskriegs auf die Ukraine – uneingeschränkt und insbesondere auch zeitlich konstant vorliegenden fossilen Energieträger zu ersetzen. Um unterschiedliche Technologieoptionen und ihre Anwendbarkeit zu untersuchen, haben wir ein 4-Stufen-Modell für das produzierende Gewerbe erstellt.

Dieses Modell enthält vier Prüfschritte. Stufe 1 beinhaltet Maßnahmen zur Energieeffizienz, um den primären Energieverbrauch des Unternehmens zu senken und Verluste zu vermeiden. Energieeffizienzmaßnahmen sind zwingend vorab notwendig, da es nicht sinnvoll ist, ineffiziente Prozesse mit erneuerbaren Energieträgern zu bedienen und eine entsprechende kostenintensive Überdimensionierung der benötigten Energieerzeuger zu verursachen. In Stufe 2 soll die Erschließung lokal verfügbarer, erneuerbarer Wärmequellen erfolgen. Dies können beispielsweise Geothermie, (konzentrierende) Solarthermie oder auch örtliche Nah- und Fernwärme sowie Abwärme aus benachbarten Unternehmen sein. Stufe 3 betrachtet die Möglichkeit der Elektrifizierung über erneuerbaren Strom (u.a. Power-to-Heat). In diesem Kontext gilt es, die Verfügbarkeit der benötigten Anschlussleistung beim örtlichen Verteilnetzbetreiber anzufragen beziehungsweise rechtzeitig die entsprechenden Bedarfe anzumelden. Erst in Stufe 4 sollte sich auch mit alternativen Energieträgern wie grünem Wasserstoff, Biomethan oder synthetischem Methan beschäftigt werden, da nach unserer Auffassung bei diesen Energieträgern aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit eine stoffliche Verwendung zu bevorzugen ist.

Aufgrund der Komplexität der Prozess- und Energieumstellung sowie der Heterogenität der erneuerbaren Energien, mit denen die aktuell einfach verfügbaren Primärenergien Gas und Öl substituiert werden müssen, sollten sich die Unternehmen frühzeitig externe Hilfe suchen. Hier bieten zum Beispiel Industrie- und Handelskammern, kommunalen Wirtschaftsförderer oder Branchenverbände Hilfestellungen. Zudem kann beispielsweise im Rahmen des Programms „Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowohl die Konzepterstellung als auch teilweise die Umsetzung finanziell unterstützt werden. Darüber hinaus bietet das Fördernavi von NRW.Energy4Climate umfangreiche Informationen über weitere Förderprogramme.

Wir von NRW.Energy4Climate begleiten zudem innovative Projekte in Industrieunternehmen mit Blick auf die gesamten Transformationsszenarien und unterstützen gerne bei der Ausgestaltung, Ausarbeitung und Umsetzung innovativer Vorzeigeprojekte durch Vernetzung, Beratung, Koordination und Begleitung.

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Karina Kampert - Mitarbeiterin Mittelstand Digital Ruhr OWL - Koordination Geschäftsstelle

Karina Kampert

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